„Was Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“.

(Evangelium nach Markus, Kap. 10, Vers 9)

Die Göttliche Offenbarung spricht davon, dass das ganze Universum, die ganze Welt, die sichtbare und die unsichtbare, in ihrer ganzen Größe, Schönheit und Zweckmäßigkeit durch Gott geschaffen worden sind. Die ganze geschaffene Welt erhielt von Gott ihre Existenz gemäß der Liebe Gottes. Gott, der die Fülle des Lebens hat, wollte das Leben auch anderen Wesen schenken: den Engeln, den Menschen, den Tieren, damit sie lebten, sich freuten und glücklich seien.

Der Mensch ist ein Teil der gesamten Schöpfung, jedoch ist er besonders: der Mensch wurde geschaffen nach dem Bilde Gottes: „Und Gott schuf den Menschen nach seinem Bild“, - so sagt die Heilige Schrift (Genesis 1, 27). Der Mensch vereinigt in seiner Natur eine leibliche (Körper) und eine geistige (Seele mit dem Geist) Komponente. In dieser Verfasstheit des Menschen wie der Vernunft, der Freiheit, der Liebe, der unsterblichen Seele, der schöpferischen Fähigkeiten spiegelt sich die Anwesenheit des Bildes Gottes wider.

Gott ist die wesenseine und unteilbare Dreiheit: der Vater, der Sohn und der Heilige Geist, vereinigt durch den Bund der göttlichen Liebe. „Gott ist Liebe“ – so sagt die Heilige Schrift (1. Johannesbrief 4, 8). Deshalb ist auch für den Menschen die Liebe, da sie die Bekundung des Bildes Gottes in ihm ist, die höchste Tugend und die Hauptbedingung für Freude und Glück. Der Mensch als geistiges Wesen hat das Verlangen zu lieben und geliebt zu werden. Die natürliche Äußerung der Liebe besteht in dem Wunsch des Liebenden sich mit der geliebten Person zu vereinigen. Deshalb streben die Menschen in einer auf Gegenseitigkeit beruhenden Liebe zu einander und finden in einer gesetzlichen Einheit ihr Glück. Bereits in den ersten Anfängen der Geschichte der Menschheit schuf Gott die Ehe als Bund freier vernunftbegabter Wesen – eines Mannes und einer Frau - , der auf gegenseitiger Liebe beruhte. „Es ist nicht gut, für den Menschen, allein zu sein“ (Gen 2, 18) sprach Gott zu Adam und gab ihm Eva zur Frau (Genesis 2, 21-25). So entstand das erste Ehepaar, die erste Familie: „Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan“ (Gen 1, 28).

Wenn man die Ehe als die von Gott festgelegte Weise des menschlichen Lebens aufzufassen versucht, welche dem Menschen die Möglichkeit der Fülle des Lebens und der Freude eröffnet, dann sehen wir, dass die Ehe selbst ein gewisses Geheimnis darstellt, das durch die Liebe vollzogen wird. In der Tat, es bleibt unbegreiflich und geheimnisvoll wie zwei verschiedene Menschen plötzlich in ihren Seelen ein gewisses Gefühl feststellen und sie sich gegenseitig mächtig und unbezwingbar angezogen empfinden. Und wenn sie sich schließlich in einer rechtmäßigen Einheit zusammen gefunden haben, diese Verbindung für sie das aller höchste Glück bedeutet. Dies ist ein Geschenk Gottes: „ … der Mann wird Vater und Mutter verlassen und wird seiner Frau anhangen und sie werden sein ein Fleisch“ (Gen 2,24). In der Liebe tut sich die Freiheit des Menschen kund. Deshalb darf und kann die Ehe einzig auf einer freien Wahl beruhen. Bildlich gesprochen kann man es so ausdrücken: ein junger Mann wählte aus der ganz großen Zahl junger Mädchen eine aus, die er für die Beste hält, ebenso wählt auch das Mädchen aus der großen Zahl der Jungen einen für sich aus, und beide beschließen, die Ehe einzugehen. Sie gehen in das Haus Gottes und sprechen dort gleichsam zu Gott: „O Herr, ich wählte für mich von allen Mädchen eben diese aus und ich möchte, dass sie meine Frau würde“. Ebenso spricht das Mädchen: „O Herr, ich wählte aus allen Jungen genau diesen aus und ich möchte, dass er mein Mann würde. Segne uns als Mann und Frau“. Und der Herr segnet sie durch seinen Diener – den Priester – und nach dem Vollzug der Ehekrönung in Anerkennung der Freiheit ihrer Wahl und ihres Wunsches.

Die Liebe ist der wichtigste Begriff im Christentum. „Gott ist die Liebe“ – heißt es in der Heiligen Schrift. In der Liebe gründen alle Beziehungen zwischen vernunftbegabten, geistigen personenhaften Wesen: zwischen Gott und den Engeln, zwischen Gott und dem Menschen, zwischen den Menschen untereinander. Deshalb lauten die beiden höchsten Gebote Gottes – die Gebote der Liebe: „Du sollst den Herrn deinen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und mit all deinen Kräften … und deinen Nächsten wie dich selbst“ (Mk 12, 30-31).

Das Hauptkriterium einer wahren Liebe besteht in ihrer Opferbereitschaft, also in der Bereitschaft, alles für den Geliebten hinzugeben (im Kleinen, im Großen, sogar das Leben). Ein Beispiel für eine solche Liebe zeigt unser Herr Jesus Christus auf, wenn er sagt: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn jemand sein Leben für seine Freunde hingibt“ (Joh 15,13). Er selbst hat uns das durch sein schmerzhaftes Leiden und seinen Tod am Kreuz vorgelebt. Über eine solche wahrhaftige Liebe schrieb der Apostel Paulus:

Wenn ich in den Sprachen der Menschen und der Engel rede, aber keine Liebe habe, so bin ich ein tönendes Erz geworden oder eine schallende Zimbel. Und wenn ich Weissagung habe und alle Geheimnisse und alle Erkenntnis weiß und wenn ich allen Glaube habe, so dass ich Berge versetze, aber keine Liebe habe, so bin ich nichts. Und wenn ich alle meine Habe zur Speisung der Armen austeile und wenn ich meinen Leib hingebe, damit ich Ruhm gewinne, aber keine Liebe habe, so nützt es mit nichts. Die Liebe ist langmütig, die Liebe ist gütig; sie neidet nicht; die Liebe ist nicht groß, sie bläht sich nicht auf, sie benimmt sich nicht unanständig, sie sucht nicht das Ihre, sie lässt sich nicht erbittern, sie rechnet Böses nicht zu, sie freut sich nicht über die Ungerechtigkeit, sondern sie freut sich mit der Wahrheit, sie erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie erduldet alles. Die Liebe vergeht niemals; seien es aber Weissagungen, sie werden weggetan werden; seien es Sprachen, sie werden aufhören; sei es Erkenntnis, sie wird weggetan werden“ (1. Kor 13, 1-8).

Jetzt kann die Frage entstehen: Welcher Unterschied besteht zwischen der Ehe als Bund eines Bräutigams und einer Braut, die sich gegenseitig lieben und der Ehekrönung? Denn viele Menschen gehen eine Ehe ohne Ehekrönung ein, leben glücklich und haben Kinder?

Nun, natürlich kann man auch ohne Ehekrönung eine gesetzliche Ehe eingehen. Aber man muss jedoch wissen, dass diese Möglichkeit nur deshalb besteht, weil Gott:

  • den Menschen schuf (das heißt, der Mensch existiert nur auf der Grundlage der Gnade Gottes),
  • ihn mit der Tugend der Liebe und der Fähigkeit zu lieben ausstattete,
  • die Ehe und die Familie zum Glück des Menschen stiftete und
  • dem Menschen die Freiheit schenkte.

Deshalb genießt ein Mensch, der heiratet, eine Familie gründet und die Freude der Gemeinschaft mit einer geliebten Person erfährt, die göttlichen Gaben, die ihm durch den liebenden Schöpfer, dem Vater im Himmel, geschenkt werden.

Was kann man über einen Menschen sagen, welcher, wenn er heiratet und ein Hochzeitsmahl organisiert, zu diesem Mahle nicht seine Eltern hierzu einlädt, die

  • ihm das Leben geschenkt haben und
  • viele Mühen auf sich genommen haben, um ihre Kinder zu pflegen und um für sie zu sorgen.

Über einen solchen Menschen kann man sagen, dass er ein undankbarer und sogar unwürdiger Mensch ist. Ein ähnlicher Fall liegt vor, wenn ein Mensch, nachdem er geheiratet und eine Familie gegründet hat, sich nicht mit Gebet, in Dankbarkeit und mit der bitte um Segen an Gott wendet. Denn dann ist er demjenigen gegenüber undankbar, der ihm die Freude am Leben schenkte. Einem solchen Menschen bedeutet Gott scheinbar nichts. Aber kann denn ein Mensch sein Glück auf Erden ohne Gott finden? Natürlich nicht! Das wird durch aktuelle Statistiken bestätigt: eine Vielzahl von Ehen werden in unserer Gesellschaft geschlossen, aber mehr als die Hälfte von ihnen zerfällt wieder und der Hauptgrund für diesen Missstand scheint in der Missachtung der Gesetze dessen zu liegen, der den Segen und die Kraft für die Bewahrung der Ehe verleiht sowie Glück und Freude schenkt. Der Herr jedoch hat gesagt: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ (Joh 15,5). Deshalb ist jede menschliche Verbindung, selbst wenn sie auf den innigsten Gefühlen beruht, nicht von Dauer und zerbrechlich, wenn sie nicht den Segen und die Hilfe des Vaters im Himmel hat.

Der dankbare Mensch, der Gott nicht ablehnt, kann in diesem für sein Leben so bedeutsamen Moment, wie ihn die Gründung einer Familie darstellt, nicht anders, als Gott, den wir unseren Vater nennen, um seinen Segen zu bitten. Dieser Segen Gottes wird durch den Priester im Sakrament der Ehe geschenkt.

Somit ist die Ehe eine Göttliche Einrichtung, deren Ziel es ist, den Menschen glücklich zu machen.

 

Weitere Informationen: 

Artikel zu Ehe auf orthpedia.de

Artikel zu Familie auf orthpedia.de